Sport im Web: Apps, 360 Grad und Augmented Livestreaming

Das Internet hat unser TV-Verhalten verändert. Doch wie könnte das Fernsehen der Zukunft aussehen? Hinweise auf mögliche Szenarien gibt die Inszenierung von Sport im digitalen Raum.

Dieser Artikel erschien zuerst bei tinkla.
Sportereignisse begeistern mich. Fussball, Tennis, Leichtathletik – ich bin dabei. Dabei fällt auf, wie innovativ derzeit am eigentlichen Live-Erlebnis für die Fans gearbeitet wird. Möglichst real soll es sein, selbst wenn ich daheim im Sessel sitze. Und obwohl das Erlebnis vor Ort nicht duplizierbar ist, bin ich doch beeindruckt, was sich mit Bewegtbild und innovativen Konzepten erreichen lässt.

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Live Tennis auf Twitter – und ein Screen ist genug

Für die Durchführung 2017 des Tennisturniers in Wimbledon ist der Veranstalter, der traditionsreiche All England Club, eine Partnerschaft mit Twitter eingegangen. Während der Turnierwochen wurden Matches direkt auf Twitter übertragen. Die Fans konnten das Spielgeschehen auf ihrem Bildschirm verfolgen und via Hashtag-Einsatz am Live-Dialog teilnehmen – ganz ohne Second Screen.

Wer sich gerade durch die eigene Timeline scrollte, konnte in der rechten Spalte stets ein aktuelles Spiel mitverfolgen. Viel benutzerfreundlicher als das klassische Geräte-Multitasking.

Ein ähnliches Agreement scheint Twitter mit den amerikanischen Baseball- und Football-Ligen geplant zu haben. Auch diese Spiele sollen live auf Twitter verfolgt und kommentiert werden können.

Die NFL sorgt für Rundumblick mit 360-Grad-Inhalten

Die TV-Einschaltquoten der US-amerikanischen National Football League sind chronisch rückläufig. Während NFL-Übertragungen im deutschsprachigen Raum beliebter werden, schalten in der amerikanischen Heimat immer weniger Fans ein. Für die Einnahmen der Liga sind Verträge mit Fernsehstationen und Werbeeinblendungen jedoch zentral.

Auf der Suche nach alternativen Einnahmequellen testet die NFL nicht nur die erwähnten Live-Übertragungen via Twitter, sondern startet daneben ein Pilotprojekt mit Google. Die beiden Partner haben eine 9-teilige 360-Grad-Serie produziert, die Fans einen Einblick in den Alltag ihrer Teams bietet. Das Ergebnis der Zusammenarbeit kann auf Youtube angeschaut werden

https://youtu.be/wZAj1clkFNA
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Tschüss Desktop: NBA lanciert Mobile View

Als Ergänzung zum bestehenden Abo-Angebot für Basketballspiele lanciert die amerikanische Basketball-Liga NBA die Mobile View-App: Eine Kamera-Einstellung, speziell gemacht für Fans, die sich Basketball-Spiele am Smartphone oder Tablet ansehen.

Gemäss den Liga-Verantwortlichen kam dieser Wunsch von den Fans selbst: 70% der Abonnenten verfolgen Auswertungen zufolge Spiele an ihren Mobile-Geräten. Um ihnen trotz kleinem Bildschirm eine optimale Sicht auf das Geschehen zu bieten, werden in allen NBA-Arenen ein Kameramann und ein Produzent explizit für die Mobile-optimierte Produktion eingesetzt.

Real Madrid und ManU zeigen Spiele auf Facebook-Live

In der abgelaufenen Fussball-Saison 2016/2017 haben grosse Clubs wie Real Madrid oder Manchester United ihr Club-TV durch Facebook-Live-Übertragungen ergänzt, etwa für Spiele der ersten Mannschaft und Pressekonferenzen. Facebook hat für die Übertragungsrechte bezahlt. In der nun anlaufenden Saison verzichten Clubs vorerst auf die Übertragung auf Facebook-Live – weil Facebook nicht mehr bereit ist, für die Rechte zu bezahlen.

Gerade Fussballclubs mit internationaler Ausstrahlung sind jedoch auf der Suche nach Alternativen zu nationalen Kabel-TV-Anbietern, um nicht nur das heimische sondern auch das internationale Publikum zu erreichen. Experimentiert wird mit Youtube, Instagram und eigenen Kanälen. Facebook scheint aktuell nach wie vor der beste Kandidat. In keinem anderen Netzwerk lassen sich Fussballfans besser erreichen. Gut möglich also, dass die Clubs wieder zu Facebook zurückkehren. Insbesondere im Windschatten von Facebook Watch ist denkbar, dass ihnen diese Pole Position mehr Wert ist als die Einnahmen durch den Rechteverkauf.

Lernen durch Experimente – nicht nur für Sportclubs wichtig

Es hat gedauert, aber die Veranstalter und Organisationen im Sportbereich scheinen gegenüber ihren klassischen Distributoren schnell aufzuholen. Genau diese Dynamik im Ausprobieren neuer Formen und Technologien könnte auch Unternehmen mehr helfen, anstatt abzuwarten, ob sich das nächste neue Ding auch wirklich durchsetzt.

 

tl;dr

Wer sich nicht auf Tests und Pilotprojekte einlassen will, vergibt freiwillig Lernchancen – selbst wenn am Ende nicht jeder Versuch produktiv wird.

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